Hoch hinaus – in eine andere Welt

Seitdem ich mich das letzte Mal gemeldet habe ist viel Zeit vergangen. Gerne blicke ich zurück auf all das, was geschehen ist. Drei weitere Länder habe ich bereist, doch bislang keine Zeit gefunden all das Erlebte niederzuschreiben. Vor einigen Tagen ist die 10.000 Kilometer Marke gefallen. Als Belohnung gab es 10 verschiedene Eis, die ich jedoch gerne geteilt habe. In Kathmandu habe ich eine Nepalesin getroffen, die sich mir ganz spontan für eine Woche angeschlossen hat.

Bislang hatte ich gar keine Probleme mit der Einsamkeit. Nach dieser Woche fehlt es mir nun jedoch, etwas mit jemandem reden zu können und das Abenteuer zu teilen.

Doch Eins nach dem Anderen. Von Kasachstan aus ging es weiter nach Kirgisistan. Ein wunderbares Land mit großartigen Menschen und atemberaubenden Kulissen.

Da ich kein Visum für China hatte, traf ich die Entscheidung, einige Zeit in Kirgisistan zu verbringen um dann von der Hauptstadt Bischkek aus nach Indien zu fliegen.

Es blieb mir also genug Zeit, um in das Land und seine Kultur einzutauchen.

In der Berglandschaft habe ich mich manchmal gefühlt als wäre ich der einzige Mensch auf dieser Welt. Umgeben von Pferden, Yaks, Kühen und Schafen. Manchmal galoppierte eine Herde wilder Pferde an mir oder meinem Zelt vorbei. Sie hinterließen eine Staubwolke und leuchtende Augen meinerseits. Ich fuhr über viele Pässe – hoch und runter. Da blieb es nicht aus, dass ich mein Rad auch das ein oder andere Mal schieben musste. Doch was tut man nicht alles für das Gefühl, ganz oben angekommen zu sein? Ich strampelte immer weiter hinauf bis knapp 4000 Meter. Dies war jedoch der erste hohe Pass und so wurden die Schritte immer kleiner und die Pausen länger. Nach ein paar Tagen konnte ich mich dann aber an die Höhenluft gewöhnen. Die Temperaturen sind nachts unter den Gefrierpunkt gefallen, sodass das Wasser in der Trinkflasche am nächsten Morgen das ein oder andere Mal gefroren war.

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Auf den Schotterwegen wurden mein Rad und ich gut durchgeschüttelt. So stark, dass sogar eine Speiche brach. Sie war aber schnell ausgetauscht und wenige Minuten später konnte ich weiter durch die atemberaubende Landschaft fahren.

Sehr faszinierend fand ich zu sehen, wie manche Menschen in ihren Jurten weit ab von jeglicher Zivilisation leben und sich selbst versorgen. Ich habe mich sehr gefreut als, mich eines Tages ein Mann zu sich und seiner Familie eingeladen hat. Sie hatten nicht viel, doch was sie hatten, haben sie mit mir geteilt. Es wurde erneut eine Ziege oder ein Schaf für mich geschlachtet. Das war nun schon das dritte Mal auf dieser Reise. Die Gastfreundschaft ist Teil der Tradition in Kirgisistan.

Doch wie ich immer sage, es gibt in jedem Land gute und weniger gute Menschen.

Ein Autofahrer hat neben mir abgebremst und kam mir immer näher und näher, bis er mich schließlich komplett von der Straße gedrängt hatte. Er war wohl der Ansicht, dass Fahrradfahrer nicht auf die Straße gehören.

Manche Dinge, wie ein stabiles Stromnetz lernt man erst zu schätzen, wenn man es nicht hat. Oft kam es zu Stromausfällen oder in manchen Orten gab es nur zu bestimmten Zeiten Elektrizität. Gut, dass ich nicht darauf angewiesen war.

Die letzten zwei Wochen in Zentralasien verbrachte ich einer Einladung folgend in einem Kinderheim, welches ein US-Amerikaner in Kirgisistan eingerichtet hat. Dort hatte ich eine wunderbare Zeit. Ich habe die Zeit mit den Kindern genossen.

Am 7. Oktober stieg ich ins Flugzeug. Das nächste Ziel sollte die größte Stadt, in der ich jemals war, sein: Delhi. Es leben gut 20 Millionen Menschen dort. Wenige Stunden nachdem ich Kirgisistan verlassen hatte, war ich dort und als ich den Flughafen verließ, betrat ich eine andere Welt.

Alles war anders, das Klima, die Menschen, das Essen der Verkehr. Ich habe einen richtigen Kulturschock erlitten.

Mit dem Taxi ging es zu meiner Unterkunft. Auf dem Weg dorthin sah ich viel Armut. Kinder klopften an der Scheibe und bettelten. Es tat mir richtig im Herz weh, in die Kinderaugen zu schauen.

Mein Couchsurfing-Host hat mir einige interessante Plätze in Delhi gezeigt und mir geholfen, den Kulturschock etwas zu überwinden. Doch die ersten Tage in Indien waren ziemlich intensiv.

Ich konnte meinen Augen kaum glauben. Ein toter Mann mit Fliegen im Gesicht lag auf dem Gehweg und alle sind einfach nur an ihm vorbeigelaufen. Selbst die Polizei hat es nicht interessiert.

Ich war unglaublich froh, als ich aus der Stadt war. Es dauert ein paar Tage bis ich mich an den Linksverkehr gewöhnt habe.

Fast ununterbrochen war ich von Menschen umgeben. Motorradfahrer oder Kids auf ihren Fahrrädern, die versuchten mit mir mitzuhalten, begleiteten mich andauernd. Ich habe mich gefühlt wie ein Tier im Zoo, das den ganzen Tag lang von neugierigen Menschen respektlos angestarrt wird. Außerdem ist es wohl etwas ganz Tolles, ein Selfie mit einem Weißen vorzeigen zu können. Nach ein paar Tagen ging mir das alles extrem auf die Nerven und ich musste mich sehr beherrschen, was aus meinem Mund kommt und dass meine Hand nicht mal ausversehen ausrutscht. In einem Restaurant haben mir etwa 20 bis 30 Leute beim Essen zugeschaut und machten Fotos.

Sobald ich anhielt, kamen von irgendwo her Menschen angelaufen. Es ging so weit, dass ich mich in Zuckerrohrfeldern versteckt habe, um Pause zu machen.

Auch in Indien verbrachte ich die meisten Nächte im Zelt. Doch ich musste mich sehr gut verstecken, um nicht entdeckt zu werden.

Im Norden Indiens wollte ich eines Tages gerade mein Zelt neben einem Fluss aufschlagen, als ein Hirte zu mir kam und mir klar gemacht hat, dass ich dort auf gar keinen Fall schlafen soll. Später erfuhr ich, dass ein Tiger dort vor 3 Jahren eine Frau und einem Mann getötet hat. Der Hirte brachte mich zu einem Tempel, wo mich ein Inder zu sich nach Hause eingeladen hat.

Das Essen in Indien ist wirklich unglaublich lecker. Je dreckiger und unhygienischer ein Restaurant aussah, desto besser hat das Essen geschmeckt. Doch ich musste Geld sparen, da ich mit meiner Kreditkarte in Indien kein Geld abheben konnte. So aß ich über 100 Bananen in einer Woche. Sie waren günstig und lecker.

Zwischen all den nervenden Menschen gab es jedoch auch einige nette Begegnungen. Ich wurde eingeladen, habe Essen geschenkt bekommen und ein junger Mann hat sogar ein Hotel für mich bezahlt. So hat mir das Geld bis zur rettenden Grenze gereicht und ich habe es geschafft mit weniger als 2 Euro am Tag auszukommen.

An meinem letzten Tag in Indien war ein großes Fest. Indien hat sich von mir genauso verabschiedet, wie es mir die ganze Zeit vorkam. Laut, voll und bunt.

Nepal gefiel mir von der ersten Sekunde an besser als Indien. Es war deutlich ruhiger, der Selfie-Horror hatte ein Ende und die Menschen hatten mehr Respekt und starrten mich nicht dauerhaft an.

Ich genoss die Ruhe und ein Kindheitstraum hat sich erfüllt. Schon immer wollte ich einen Tiger in freier Wildbahn sehen und tatsächlich konnte ich einen wilden Tiger aus sehr großer Entfernung erspähen.

Nun ging es in den Himalaya. Ich war sprachlos, als in weiter Ferne plötzlich weiße Gipfel auftauchten. Sie haben alles andere bei weitem überragt. Zwei der weltweit höchsten 10 Berge standen vor mir.

Kathmandu erreichte ich komplett erschöpft spät am Abend als es schon dunkel war. In Nepals Hauptstadt nahm ich mir ein paar Tage frei, um mich zu erholen. Ich fühlte mich etwas wie zuhause, da ich ein paar Personen mehrmals gesehen habe und nicht wie sonst immer nur einmal und dann vermutlich nie wieder.

Einige Personen berichteten mir von dem schweren Erdbeben im Jahr 2015. Mittlerweile sind fast alle Schäden beseitigt, doch die Erinnerungen werden für immer bleiben.

Nicht gefallen hat mir, dass Ausländer an manchen Plätzen Eintritt zahlen müssen. Ich fand immer einen Weg die „Kasse“ zu umgehen, denn ich sah es nicht ein nur weil ich weiß bin, etwas zahlen zu müssen. Das grenzt doch fast schon an Rassismus oder etwa nicht?

Ich mag es nicht gefragt zu werden, woher ich bin. Denn wenn ich antworte: „I´m from Germany“, kann man es manchmal förmlich hören wie in ihrem Kopf die Kasse aufspringt und die Dollarzeichen erscheinen.

Nun aber wieder zum Anfang. Ich hoffe mich schnell wieder daran zu gewöhnen, allein zu reisen, denn meine Reisebegleitschaft musste zurück nach Kathmandu.

Mittlerweile bin ich wieder in Indien und es geht mit hohem Tempo Richtung Myanmar.

Meinen Geburtstag im Januar möchte ich nämlich auf einem schönen Strand in Thailand feiern. Also ab in den Süden…

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