Durst, Schweiß und undendliche Weiten – Kasachstan

Durst, Schweiß und die unendliche Weiten der kasachischen Steppe haben den letzten Monat geprägt. Nun sind die Berge zum Greifen nahe und der wohl härteste Teil der Reise steht bevor.
Drei Monate sind vergangen seitdem ich in Roßwag gestartet bin. Doch bevor ich Kasachstan durchquerte stand ja auch noch Russland auf meiner Reiseliste.
Nachdem ich den ersten Grenzübergang nicht passieren durfte, musste ich den gleichen Weg, den ich gekommen war, wieder zurück. Glücklicherweise gab es beim zweiten Versuch, an einem anderen Übergang, keine Probleme und der Grenzbeamte presste seinen Stempel in meinen Reisepass.
Auf der Hauptstraße ging es zügig Richtung Osten. Für mich gab es kein Tempolimit mehr und so kam ich schnell voran. Über die unzähligen Blitzer am Straßenrand musste ich mir zum Glück keine Sorgen machen.
Tausende LKWs und Autos brausten nur wenige Zentimeter an mir vorbei und nahmen nicht immer besonders Rücksicht auf mich. Aufgeregt hat es mich, wenn auf der Gegenspur LKW-Fahrer ihre Kollegen überholt haben. Da blieb kaum mehr Platz für mich auf der Straße und der Windstoß war wie ein Schlag ins Gesicht. Aufgrund eines Autounfalls stand ich mit dem Fahrrad sogar einmal auf einer dreispurigen Autobahn im Stau. Habe ich die Hauptstraßen verlassen so bestanden die Straßen nur aus Schlaglöchern und Flicken. Zum Teil war es so schlimm, dass ich lieber neben der Straße, auf dem Schotter gefahren bin.


Leider hatte ich einige Regentage in Russland, an denen ich bis auf die Knochen durchnässt wurde. Auch der Wind war manchmal unglaublich stark. Gefühlt kam er immer von vorne und bremste mich ab. Das kostete nicht nur körperlich viel Kraft, sondern auch mental.
In Wolgograd (früher Stalingrad) sah ich mit meinen eigenen Augen die Geldverschwendung für die Fußball WM. Für nur 4 Spiele wurde dort ein neues Stadion gebaut. Alles wurde schnell so hergerichtet, dass es schön aussieht. Doch schon kurze Zeit nachdem die Fans wieder abgereist waren, fielen Pflastersteine auseinander. Die Banner hängt wohl niemand mehr ab.
Vor Ort bekommt man eine ganz andere Sicht auf die Dinge, zum Beispiel auch darüber was die Leute hier über Putin denken. Ich habe viele getroffen, die ihn absolut super finden.
Etwas außerhalb der Stadt besuchte ich einen bewundernswerten Mann namens Sergej. Er kannte mich nur als kleines Kind und hat sich sehr gefreut mich nach so langer Zeit wieder zu sehen. Am Abend wurde kurzer Hand eine Grillparty veranstaltet, zu der einige Freunde eingeladen waren. Wir hatten eine tolle Zeit zusammen.


Auch in Russland stieß ich auf nette Menschen. An drei aufeinanderfolgenden Tagen hat jemand mein Essen bezahlt. Ich muss wohl sehr bemitleidenswert ausgesehen haben.
Die Hitze in dieser Gegend lässt Melonen prächtig wachsen, die überall am Straßenrand verkauft werden. Doch sie ist auch der Grund dafür, dass alles sehr trocken und leicht entzündlich ist.
Eines Nachts zog ein unglaubliches Gewitter an mir vorbei. Ich lag schon im Zelt, als ich bemerkte, dass der gesamte Himmel flackerte. Ein Blitzeinschlag hatte wohl ein Feuer ausgelöst. Die Flammen erreichten mich zum Glück nicht und ich war froh nicht mitten in der Nacht vor dem Feuer flüchten zu müssen.
Die Landschaft änderte sich drastisch als ich die Grenze zu Kasachstan erreichte. So weit ich sehen konnte, sah ich einfach nichts außer vertrocknetes Gras. Die Steppe ist wirklich sehr beeindruckend und atemberaubend.
Kurz nach der Grenze wurde ich von einem Hirten auf seinem Pferd im Land willkommen geheißen. Es war wirklich genau so wie ich es mir vorgestellt habe. Wilde Pferde, grenzenlose Weiten und tolle Menschen, die schon sehr asiatisch geprägt sind.


Fast jeder hupte mir zu oder schenkte mir einen Daumen nach oben.
Ich war komplett überrascht als plötzlich freilaufende Kamele am Straßenrand standen. Mir war überhaupt nicht bewusst, dass es in Kasachstan Kamele gibt. Für Autos haben sie sich überhaupt nicht interessiert. Doch mich haben alle Kamele angeschaut als wäre ich ein Außerirdischer.
Meine Reise führte mich an dem Aralsee vorbei, dessen Austrocknung eine der vom Menschen verursachten weltweit größtem Umweltkatastrophen ist. Außerdem fuhr ich an dem weltweit größten Weltraumbahnhof vorbei. Von dort aus ist auch unser deutscher Astronaut Alexander Gerst ins All abgehoben.


In der Steppe gibt es einfach nichts, das Schatten spendet. So brutzelte ich täglich bei 40 Grad Celsius. Da ist es unglaublich wichtig genügend zu trinken, doch nur etwa alle 100 Kilometer gab es Raststätten, an denen ich meine Wasservorräte auffüllen konnte. Der Durst ging so weit, dass ich Melonenreste am Straßenrad gegessen oder auch den Kühen das Wasser aus einem kleinen Teich weggetrunken habe. Es schmeckte scheußlich, kann ich nur sagen. Ich habe gelernt jeden Schluck Wasser zu schätzen. Ab und an habe ich eine Flasche Wasser von vorbeifahrenden Autos oder auch mal von der Polizei bekommen. Da war die Freude natürlich groß. Trinkwasser aus dem Wasserhahn ist ein wirklicher Luxus, den wir in Deutschland genießen können.


Wenige Kilometer bevor ich die 6000km Marke erreichte, hatte ich den ersten Defekt. Mithilfe eines einheimischen, der mich auch zu sich eingeladen hat war es aber schnell wieder repariert. Die Menschen in den Dörfern leben anders als in Europa. Wir haben auf dem Boden geschlafen, die Toilette befand sich im Freien, die Dusche neben dem Pferdestall. Auch die Essensgewohnheiten unterscheiden sich. In Deutschland ist Pferdefleisch vielleicht ein Skandal, doch hier ist es absolut normal. Gegessen wird hauptsächlich mit den Händen und die Hygiene würde den ein oder anderen in Europa wohl etwas abschrecken.
Nachdem die kasachische Presse etwas über mich berichtet hat, bekam ich etwa 50 Einladungen. Jeder wollte mich kennenlernen und bot mir an bei sich zu übernachten.
Auf den letzten Kilometern in Kasachstan wurde ich noch zum Tee eingeladen. In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so viel Tee getrunken, wie in Kasachstan. Die Leute hier trinken vermutlich viel mehr als in England. Ich wollte eigentlich bald wieder weiter, doch als ein Schaf für mich geschlachtet wurde, musste ich natürlich auch zum Mittagessen bleiben.
Die Gastfreundschaft ist überwältigend. Da kann man sich wirklich eine Scheibe abschneiden.
Ich bin froh die Steppe hinter mir gelassen zu haben und nun in dem Tien Shan Gebirge Höhenluft einzuatmen. Die Vorfreude ist groß, aber es wird sicherlich eine große Herausforderung. Wie hoch mich mein Abenteuer führen wird, das weiß ich noch nicht. Doch das nächste Mal berichte ich dann vom Dach der Welt.

5 thoughts on “Durst, Schweiß und undendliche Weiten – Kasachstan

  1. Hallo Ferry, danke dass Du uns an Deinem Abenteuer und Deinen Erlebnissen mit den Menschen dort teilhaben lässt. Zwischenzeitlich hat auch Didi Feuer gefangen und liest Deinen spannenden Blog mit.
    Liebe Grüße und weiter gute Fahrt.
    Elke

  2. Servus Ferry,
    super Tour bis jetzt, jetzt geht´s endlich in die Berge, ich freue mich schon auf Deinen nächsten Bericht.
    Wir fangen inzwischen schon mal mit den Vorbereitungen für die nächste Skisaison an, am 16.11. geht´s los.

    Schönen Gruß und halt die Ohren steif.

    Manfred

    1. Hallo Manfred, viele Grüße an alle Kollegen. Ich denke immer mal wieder an die Zeit auf der Zugspitze zurück:)
      Vor einigen Tagen ging es über einen Pass auf dem der Wind stärker war als während meiner gesamten Zeit bei euch. Ich musste mich am Fahrrad festhalten um nicht davonzufliegen.
      Morgen steht ein Pass mit 3200m an.

      Viele Grüße aus Kirgisistan

  3. Hey Ferry, auch ich tummel mich hin und wieder hier und lese mit Spannung Deine Erlebnisse. Allerdings hast jetzt schon lange nix mehr geschrieben. Hoffentlich musstest Du nicht abbrechen.
    Grüßle vom Käpt´n

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