Ich habe mich entschieden eine zwei tägige Pause in dem Shatskyi National Park zu machen. Er lag zwar nicht auf der geplanten Route doch auf Grund der Zeit Umstände dachte ich, wäre es eine gute Idee. Weit über Zwei Wochen lang bin ich jeden Tag gefahren ohne einen einzigen Ruhetag. Ich hatte nie Muskelkater und es lief halt einfach.
Die Ukraine habe ich irgendwann am Nachmittag betreten (mehr zum Grenzübergang im vorherigen Blog).
Ich habe nicht die Hauptstraße zum Park gewählt und so war wirklich gar nichts los. Die Straße, die die Dörfer bzw. Häuser miteinander verbindet war zum Glück nagelneu. Vermutlich wurde sie extra für mich neu gemacht. Alle anderen Straßen waren nur aus Sand, so wie man es aus Wilden Westen Filmen kennt. Und passend dazu gab es noch ein paar Pferdekutschen. Alles kam mir so anders und unreal vor. Tschechien und Polen haben noch mehr Ähnlichkeiten mit Deutschland. Doch schon auf den ersten paar Kilometern in der Ukraine habe ich bemerkt, dass es eben immer weiter Richtung Osten geht. Die Häuser waren sehr klein und sind vermutlich schon ziemlich alt. Außerdem standen viele verlassene Gebäude am Straßenrand.
Die Natur war wunderschön und das erfreute mich. Denn in Polen gab es, wie gesagt kaum etwas Besonderes. Dort führte mich mein Weg vorüberwiegend durch landwirtschaftliche genutzte Flächen.
Auf dem Weg habe ich nur ein paar alte Leute, die auf Feldern gearbeitet haben, gesehen. Fuhr ich an jemandem vorbei, so stoppte derjenige seine Arbeit und schaute mich an. Die Straße war wie ausgestorben, doch dann kam mir plötzlich ein Soldat auf einem Moped entgegen. Daran muss ich mich vielleicht gewöhnen. Ich weiß nicht ober er eine Grenzkontrolle machte, denn die Grenze war nur ein paar Kilometer neben der Straße oder ob es doch nur ein Jäger in Militärkleidung war. Trotzdem war es etwas ungewöhnlich und beängstigend.
Am Abend bin ich auf einen wunderschönen Schlafplatz gestoßen. Aber leider hat es den Moskitos hier auch sehr gefallen. Die Welt wäre ein viel besserer Ort ohne Moskitos!!! Es wäre so schön abends draußen sitzen und den Sonnenuntergang anschauen zu können. Die letzten Tage musste ich mein Zelt schnellstmöglich auf- bzw. abbauen um vor dem bluthungrigen Geziefer zu flüchten. Abends im Zelt ist dann erst mal Zecken entfernen angesagt. An einem Abend in Polen habe ich bestimmt 15 Zecken getötet, die auf der Suche nach einem guten Platz zum Zubeißen auf meinem Körper herumkrabbelten. Glücklicherweise ist es hier besser.
Langsam habe ich mich ans Wildcampen gewöhnt und erschrecke nicht mehr vor jedem außergewöhnlichen Geräusch. Vor wenigen Tagen sind jedoch ein paar Wildschweine direkt neben meinem Zelt aufgetaucht. Ich lag schon im Schlafsack als ich sie, nicht gerade mit freundlicher Stimme neben mir hörte. Schnell griff ich nach meinem Pfefferspray und hoffte, dass sie nicht in mein Zelt kommen würden. Nach wenigen Minuten entfernten sie sich zum Glück von meinem Zelt.
Jetzt aber wieder zur Ukraine. Am nächsten Morgen ging ich es ganz entspannt an. Ich wusste, dass ich nur etwa 40 km zu dem National Park fahren würde.
Nach wenigen Kilometern hörte aber die schöne neue Straße aus und ich wurde ordentlich durchgeschüttelt. Ab und zu bin ich einfach auch im Sand stecken geblieben oder das Vorderrad ist seitlich abgehauen. Das konnte man kaum mehr Straße nennen. Von nun an ging es deutlich langsamer voran.
In einem kleinen Dorf habe ich auf das Handy geschaut, um den richtigen Weg zu finden. Da kam ein Mann zu mir und obwohl wir kein Wort miteinander reden konnten, wusste er wo ich hinwollte. So machte er mir klar, dass ich Ihm folgen sollte. Er nahm sich das Fahrrad einer Frau, die vorbeifuhr, und fuhr bestimmt eine halbe Stunde lang vor mir, um mir eine Abkürzung zu zeigen. Das verrückte war, dass auf dem Fahrrad noch ein kleines Kind saß. Das nahm er einfach mit hahaha. Wieder auf dem richtigen Weg angekommen schenkte ich dem Kind einen Apfel und sie drehten wieder um.
In dem Dorf haben die Menschen wahrscheinlich schon lange keinen Fremden gesehen. Die Leute kamen zu mir und haben mir die Hand gegeben. Auf den Straßen sind überall Kühe herumgelaufen und es herrschte so eine friedliche Stimmung dort. Das kann ich irgendwie gar nicht beschreiben.
Kurz vor dem Park bin ich auf einen anderen Radfahrer gestoßen. Er kam glaube ich aus Lettland und wollte ein Selfie machen. Also habe ich auch eines gemacht.
Eine kurze Zeit später war ich in einer kleinen Stadt. Auf der Suche nach einem Geldautomaten kam ein Mann zur Hilfe und hat mir einen gezeigt.
Anschließend bin ich zum Stand um dort etwas zu Essen. Große Supermärkte habe ich bis heute noch keine gesehen. Es gibt nur kleine Dorfläden und selbst in größeren Städten kann man die Läden auf keinen Fall Supermarkt nennen. Das „super“ muss man wohl streichen.
Auf dem Strand habe ich auch direkt Leute kennengelernt. Es ist unglaublich wie freundlich und offen hier alle sind und ich fühle mich richtig wohl hier in diesem Land.
In der Unterkunft für die nächsten zwei Tage angekommen, ruhte ich mich auf einer Hängebank aus. Da hatte ich gleich die nächste unglaubliche Begegnung. Eine Frau, die mich schon auf dem Strand gesehen hatte, kam und lud mich ein mit ihrer Familie Abend zu essen. Es gab Schaschlik mit Kartoffeln und ukrainisches Bier. Wir hatten einen richtig großartigen Abend und ich habe mich soooo gut gefühlt. Die Frau konnte etwas deutsch und englisch, sodass wir uns auch über viele Dinge unterhalten haben. Für sie bin ich ein Held:)
Um es etwas abzukürzen. An meinem ersten Ruhetag habe ich lange an einem Strand entspannt, den ich komplett für mich hatte. Auf dem Weg dorthin hat eine Schulklasse für mich gesungen, als ich vorbeifuhr. Der See war super klar und warm. Am Abend habe ich wieder Zeit mit der Familie verbracht und wir haben direkt hinter der Unterkunft gefischt. Ich habe selbst drei kleine Fische gefangen.
Leider mussten wir uns am nächsten Tag wieder verabschieden, doch ich hoffe sie wieder in Kiew sehen zu können.
Die Vermieterin hat auch etwas von meiner Reise mitbekommen und war so faszinier, sodass sie am Handy eine Nachricht schrieb und übersetzten lies. Es war eine Ehre für sie, dass ich in Ihrer Unterkunft übernachtet habe und wünschte mir alles alles Gute. Die Nachricht war überwältigend.
Auch an diesem Tag wollte ich noch entspannen bevor es weiter ging. So stoppte ich an einem anderen See, an dem es eine Gruppe nicht glauben konnte, was ich mache. Auch das war eine schöne Begegnung und zum Abschied schenkten sie mir einen Geldschein, mit all ihren Namen, dem Ort und dem Datum, als Andenken.
Nachmittags bin ich doch noch ein Stück weiter gefahren bis ich am Abend einen Rastplatz fand. Es gibt hier in der Ukraine richtig schöne Plätze mit tollen Sitzmöglichkeinen, Feuerstellen, Feuerholz und manchmal sogar einem Brunnen, zum Pause machen. Dies war eben einer davon und ich habe mir überlegt ob ich hier wohl auch übernachten kann. Ich habe etwas gegessen und war gerade dabei all meine unglaublichen Erfahrungen aufzuschreiben, als direkt die nächste tolle Bekanntschaft machte.
Eine Gruppe Jugendlicher, die an diesem Abend eine Party auf dem Rastplatz vorhatte, kam wenige Minuten nach mir dort an. Es war ihr letzter Schultag, vor den Ferien und so gab es einen guten Grund zu feiern. Zuerst bin ich auf sie zu und wollte eben wissen, ob ich hier mein Zelt aufstellen kann. Nur ein oder zwei Personen konnten etwas Englisch und meinten jedoch, dass es nicht möglich sei. Später saß ich an meinem Laptop, als ein paar von ihnen auf mich zu kamen und doch sehr interessier waren. Sie konnten es auch überhaupt nicht glauben und es war als sei ich ein Superstar. Alle wollten Bilder machen und mehr von mir wissen. Als ich ihnen ein paar Videos von Kanada gezeigt habe und auf ihr Bitten, die Drohne fliegen ließ waren alle komplett aus dem Häuschen. Sie luden mich ein mit rüber zu den anderen zu kommen, um etwas zu essen und trinken. Wir hatten einen genialen Abend zusammen und ganz viel Spaß.
Spät in der Nacht saß ich mit einem am Lagerfeuer und wir kommunizieren mithilfe des Google Übersetzter. Abwechselnd schrieben wir was, ließen es übersetzten und zeigten es dem Andern. Ich zeigte ihm meine Familie, wo ich herkomme und er dasselbe von sich. Er vorgeschlagen mir am darauffolgenden Tag seine Heimatstadt zu zeigen, leider kam es nicht dazu, weil am nächsten Morgen alle schon weg waren, als ich aufgewacht bin. Ich bin irgendwann ins Bett während die anderen noch weiter feierten. Früh morgens kam jemand, der alles sauber gepflegt hält. Er hat die anderen vermutlich verjagt. Zum Glück hatte ich jedoch keinen Stress mit ihm oder ich habe es halt einfach nicht verstanden hahaha.
Ich bekam von dem Jungen, eine Nachricht, dass es ihm leidtat und wie froh er ist mich kennengelernt zu haben. Er will nun englisch lernen, um in Zukunft mit anderen besser kommunizieren zu können. Ich sei seine Motivation! Das ist doch echt cool und ich freue mich, wenn ich dazu beitragen kann das Leben anderer positiv zu beeinflussen.
Doch auch am Tag nach der Party hatte ich keine Zeit das alles zu verarbeiten, denn es ging gerade so weiter. Als ich den letzten Blog online gestellt habe kam ein Mann vorbei der mir nach kurzer Unterhaltung einfach so Geld geschenkt hat. Anschließend habe ich meine Vorräte in einem Laden aufgefüllt und auf einer Bank in einem kleinen Park noch etwas gegessen. Ein 12-jähriger Junge fuhr mit dem Fahrrad vorbei. Als er mich sah, drehte er wieder um. Er konnte schon erstaunlich gut Englisch und liebt es selbst Fahrrad zu fahren. Seine Reifen waren schon komplett abgefahren hahaha. Wir fachsimpelten etwas über Fahrräder und als er fragte, warum ich alleine bin oder ob ich nicht einsam wäre, sagte ich ihm, dass man überall nette Leute trifft und kennenlernt. Irgendwie wolle er dann etwas für mich kaufen. Ich war aber voll mit Essen und Trinken beladen und lehnte sein Angebot ab. Er wollte kurz heim um etwas zu holen und bat mich ein paar Minuten zu warten. Zurück kam er mit einem selbstgemachten Wurstsandwich für mich. Ich konnte es kaum glauben hätte so ein Handeln von einem Jungen in seinem Alter nie erwartet. Wir saßen noch etwas auf der Bank und redeten miteinander bevor wir zusammen weiterfuhren. Er begleitete mich für ein paar Kilometer bevor er wieder zurückmusste.
WOWOWOWWO!!! Ich kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Das war der perfekte Start in ein neues Land!! Um es nochmal klar zu machen, das ist alles innerhalb der ersten drei/vier Tage in der Ukraine geschehen.
Ich kann euch die Geschichten alles hier zwar erzählen, aber es so etwas selbst zu erleben ist unvergesslich und unbeschreiblich. Alles was ich sagen kann ist:
PEOPLE ARE AWESOME!!!
Die Tour durch die Ukraine scheint ja, auch was das Zwischenmenschliche angeht, ein echtes Highlight zu werden. Wünsch Dir weiterhin viel Ausdauer und Kraft und weniger Plagegeister (Zecken, Moskitos) beim Campen.
Vielen Dank!
Das klingt ja wirklich super. Da ist man inspiriert doch mal in die Ukraine zu gehen. Mein Vater war übrigens so 1940 dort und hat ähnlich von den Menschen geschwärmt.
Ich verfolge deine Reise, bis du bei uns in Melbourne ankommst und wir uns vielleicht persönlich kennen lernen. ( oder warst du das an der Tür in Rosswag vor ein paar Jahren?)
Ich bin übrigens Tims aussie Mum. Weiter viel Spaß und Energie.
Vielen Dank!!:) Ja genau ich war das damals an der Tür in Roßwag. Ich freue mich schon sehr auf Australien!