Nun bin ich schon über einem Monat unterwegs und solche Dinge wie Zelten, im Wald aufs Klo zu gehen und auch das Fahrradfahren sind zum Alltag geworden, in einer guten Art und Weise. Mittlerweile ist es für mich ganz normal, draußen zu leben und ehrlich gesagt kann ich mir gerade gar nicht vorstellen dauerhaft in den selben 4 Wänden zu leben. Ich brauche mehr Platz und fühle mich unter dem Himmel richtig wohl und frei.
Diese Straße führte mich direkt nach Kiew. Wenn ich mich richtig erinnere, bin ich über eine Woche auf dieser einen Straße gefahren, die größten Teils gerade aus ging. Ihr denkt euch jetzt bestimmt, dass das ziemlich langweilig sein muss. Aber auf dem Weg nach Kiew habe ich auch noch einige Dinge erlebt. Zum Beispiele hat mir ein Mann an einer Tankstelle Essen und Trinken gekauft, ich durfte bei jemandem im Vorgarten mein Zelt aufschlagen, ein Mann, der mich bereits in Polen gesehen hat, hielt an um mit mir zu reden, …
Das nächste Mal an dem ihr an einem Radreisenden vorbeifahrt, hupt ihm bitte freundlich zu oder winkt ihm. Man freut sich nämlich, wenn man wahrgenommen wird und die Autos und LKW nicht einfach nur vorbeibrausen;)
Auf der Suche nach einer Quelle habe ich ein verlassenes Wohngebiet entdeckt. Ich musste da einfach rein und alles erkunden. Es war sehr spannend und interessant durch die Gebäude zu gehen und zu sehen wie sich die Natur alles wieder zurückerobert. Warum das wohl alles leer steht oder ob da jemals Menschen gewohnt haben?? Ich weiß es nicht.
Ich war froh als ich in Kiew ankam und diese ewig lange Straße hinter mir ließ. Mein erster Eindruck war, dass es nicht gerade die schönste Stadt ist. Große, hässliche Wohngebäude reiten sich aneinander. Dazu kamen noch maskierten Demonstranten, die die Straße blockierten.
In den vergangenen Jahren sind etwa eine Million Menschen nach Kiew gezogen, sodass jedem Menge neue Gebäude gebaut werden. Grund für den Zuzug ist der Konflikt im Osten des Landes. Mittlerweile hat Kiew etwa 6 Millionen Einwohner.
Doch ich muss sagen es gibt auch ein paar schöne Plätze in der größten Stadt der Ukraine. Obwohl ich normalerweise nach einem oder zwei Tagen die Schnauze voll von Städten habe, blieb ich 4 Tage in Kiew. Für eine Unterkunft zu bezahlen kam überhaupt nicht in Frage und so habe ich versucht über Couchsurfing etwas zu finden. Glücklicherweise hat das super funktioniert. Die erste Nacht verbrachte ich bei Andrew, einem Fahrrad begeisterten Ukrainer, der auf Grund des Krieges aus Donezk nach Kiew gezogen ist. Er hat mir die Stadt gezeigt und traditionelles Essen für mich gekocht. Die anderen Nächte konnte ich bei Luka übernachten. Er ist aus Deutschland und kann dank seinem eigenen Business ortsunabhängig arbeiten.
Der 30. Tag auf meiner Reise war der allererste, an dem ich mein Fahrrad überhaupt nicht bewegt habe. Dafür habe ich einige Kilometer zu Fuß zurückgelegt, was auch mal guttat.
Ich habe also viel von Kiew gesehen, einige nette Leute kennengelernt, gut gegessen und das ein oder andere dazu gelernt. Auf einem Markt wollte ich ein paar Früchte kaufen, doch die Verkäuferin hat sich wohl gedacht, dass ich ein dummer, reicher Tourist bin und wollte mich verarschen. Sie hat mich damit angelockt, dass ich etwas probieren durfte und dann aber einen extrem hohen Preis verlangt, den ich jedoch ablehnte. Es war auch sehr interessant mit Luka über seine Selbstständigkeit zu reden und dabei etwas inspiriert zu werden.
Irgendwie war ich auch echt froh als ich wieder aus der Stadt war und der Verkehr weniger wurde.
Da ich mich entschieden habe einen weiteren Umweg zu fahren, ging es weiter Richtung Süden. Schon ziemlich weit außerhalb der Stadt kam ich durch ein Gebiet, in dem wohl die reichsten Menschen des Landes leben. Dort habe ich zwischen all den großen Villen und Mauern einen ganz speziellen Platz zum Frühstücken gefunden. Auf der Terrasse einer schicken, wenn auch nicht ganz fertig gebauter Villa habe ich es mir bequem gemacht und in aller Ruhe gegessen.
Die Natur südlich von Kiew ist wunderschön und so bin ich in den darauffolgenden Tagen auf geniale Schlafplätze am See gestoßen. Es ist nicht einfach solche Plätze zu finden und manchmal muss man sich dafür durch den Wald kämpfen, aber inzwischen habe ich ein gutes Gespür dafür bekommen, wo es sich lohnt zu suchen.
In dem ersten Monat hatte ich kein einziges Mal ein Feuer doch ich muss ganz klar sagen, die Nächte mit einem schönen Lagerfeuer sind einfach die besten.
Den See ließ ich dann hinter mir und fuhr weiter bis nach Poltawa. Leider mit starkem Gegenwind, was das Vorankommen deutlich erschwerte und einiges an Kraft kostete. In der Stadt angekommen, schrieb ich über Couchsurfing einen 22-jährigen an. Er meldete sich bald darauf, jedoch war er gerade selbst auf Reisen und konnte mich nicht hosten, wie das bei Couchsurfing heißt. Doch er hat es mit seinen Eltern, die auch in Poltawa leben, abgeklärt dass ich eine Nacht bei ihnen schlafen kann. Die Idee, fremde Leute bei sich aufzunehmen haben sie bis dahin noch nicht gemocht. Aber sie ließen sich darauf ein.
Ein paar Stunden später traf ich mich mit Juri und Olga vor einem kleinen Laden. Ich war früher als sie dort und habe noch einen Radfahrer getroffen, der mir auch angeboten hat bei ihm zu schlafen.
Die beiden haben mich sehr herzlich empfangen und bei ihnen daheim angekommen, duschte ich erst einmal. Das war dringend notwendig und tat richtig gut. Anschließend durfte ich mich an einen reich gedeckten Tisch setzen und mir den Bauch mit vielen Leckereien vollschlagen. Kommuniziert haben wir mithilfe des Google Übersetzers, da sie weder deutsch noch englisch sprechen.
An diesem Abend hat die Deutsche Nationalmannschaft gespielt und Juri hat es als Katastrophe bezeichnet. Deutschland war nach dem ersten Spiel, das ich gesehen habe, ausgeschieden.
Danach bekam ich noch eine Stadtführung durch Poltawa, bei der wir jedoch von einem Gewitter überrascht wurden.
Die Gastfreundschaft dieser zwei Menschen ist überwältigend und manchmal war es mir fast zu viel. Sie schenkten mir so viel Liebe. Aus einer Nacht wurden drei und ich habe in dieser Zeit einige Kilos zugenommen. Drei Mal am Tag hat mir Olga ein Festmahl zubereitet und ich habe bis zum geht nicht mehr gegessen. Selbst dann wurde mir noch mehr angeboten. Die Tage verbrachte ich damit mich zu entspannen, ein bisschen zu Planen und ein paar Filme anzuschauen. Ich habe sehr gut in dem Bett geschlafen. Doch jede Nacht zog ein Gewitter auf, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe. Es hat kaum gedonnert aber etwa jede 10 Sekunden leuchtete der gesamte Himmel. Das war spektakulär.
Sie wollten mich gar nicht gehen lassen. Der Abschied fiel ihnen nicht leicht doch ich konnte es nicht annehmen noch länger zu bleiben. Außerdem wäre ich sonst echt noch explodiert.
Mit frisch gewaschener Kleidung, Taschengeld, jeder Menge Reiseproviant und unvergesslichen Erinnerungen ging es weiter in Richtung Russland.
Menschen wie Olga und Juri kennenzulernen gehört inzwischen auch fast zum meinem „Alltag“. Das macht jeden Tag so besonders.
Ob ich es gut über die Grenze nach Russland schaffe, erfahrt ihr das nächste Mal…. Ich bin gespannt und freu mich in Russland endlich wieder ordentlich in die Pedale treten zu können. Bis dahin wünsche ich jedem großartige Begegnungen und Momente, in denen ihr einen Freudenschrei loslassen müsst;)