Es war an der Zeit den nächsten Kontinent zu erkunden.
Im Flugzeug überquerte ich den Äquator und war von nun an auf der Südhalbkugel unterwegs. Es dauerte ein paar Tage, um mich an die Sonne im Norden zu gewöhnen, denn sie ist ein wichtiger Orientierungspunkt für mich.
In Australien angekommen habe ich aus dem Fahrradgepäck wieder mein Fahrrad zusammengebaut und anschließend ein paar Stunden im Flughafen geschlafen. Früh am nächsten Morgen musste ich zu Fuß mein defektes Fahrrad samt Gepäck etwa 30 Kilometer vom Flughafen bis in die Stadt zu dem speziellen Fahrradladen schieben. „Super, die Ersatzteile für meine Nabenschaltung waren da“. Es waren schon ein paar Tage vergangen, seitdem ich das letzte mal auf meinem Rad saß. So war ich sehr froh, als ich ein paar Stunden später wieder in die Pedale treten konnte.
In der Stadt Perth war alles so sauber, organisiert, gepflegt und die Menschen waren alle schick gekleidet. Alles war so anders und so viel teurer als in Asien. Ich habe mich jedoch sofort wohl gefühlt. Perth ist eine kleine Stadt an der Westküste Australiens. Von dort aus wollte ich im Prinzip einmal quer von West nach Ost durch Australien fahren. Mich hat es in die Wildniss gezogen und so verließ ich Perth zügig.
Kurz nach dem ersten Warnschild für Kangoroos sah ich tatsächlich eines neben der Strasse durch den Wald hüpfen. „Wow, ein echtes Kangoroo“. Ich realisierte, dass ich es tatsächlich schon bis auf die andere Seite der Welt nach Australien geschafft habe. Das fühlte sich sehr gut an.
Die Straße führte mich zunächst durch ein bewaldetes und sehr hügeliges Terrain. Sobald der Wald aufhörte begann der Kampf gegen den Gegenwind, der mich fast ununterbrochen bis auf die andere Seite Australiens begleitete. Die Vegetation wurde immer weniger und es war kaum noch Grün zu sehen. Das „Outback “ begann.
In einem kleinen Ort habe ich 20 Extra-Liter Wasser getankt und los gings. Der nächste Ort war etwa drei Tagesetappen entfernt. Dazwischen lagen 300 km Schotterstrasse durch Australiens unglaubliche Weiten. So weit ich blicken konnte, sah ich nur vertrocknete Büsche. Sonst nichts, keine Möglichkeiten, um Wasser, geschweige denn Essen zu bekommen. Bei den hohen Temperaturen fühlte ich mich, als ob das Wasser, das ich trank, gar nicht in meinem Magen ankam sondern schon auf dem Weg dort hin verdunstete. Bei jedoch Schluck, den ich nahm, begleitete mich der Gedanke, dass ich Wasser sparen muss. Da blieb auch kein Tropfen für die äußerliche Körperhygiene übrig.
In sehr unregelmäßigen Abständen fuhren ein paar Autos, LKWs oder Feuerwehrfahrzeuge vorbei. Denn es gab viele Waldbrände in der Region, woduch manche Straßen gesperrt waren. Glücklichwerweise hat der eine oder andere nette Australier angehalten und mir Wasser geschenkt. „Dankeschön“. Sonst hätte ich es wohl kaum bis ins nächste Dorf geschafft.
Es war eine grosse Erleichterung als ich dort ankam. An diesem Abend floss das kühles Nass Liter für Liter meine Speiseröhre hinunter.
In dem Dörflein musste ich unbedingt wieder meine Vorräte auffüllen, um wieder in die Wildniss aufbrechen zu können.
Denn dieses mal waren es fast 1700 Kilometer von Supermarkt zu Supermarkt. Dazwischen lagen nur ein paar Tankstellen, an denen ich Wasser und Kleinigkeiten zu Essen besorgen konnte.
Ich war erstaunt wie viele tote Tiere, vorallem Kangoroos, am Straßenrand lagen und es machte mich traurig. Zum Teil jede 10 Meter sah ich Überreste. Von blutig frisch bis knochentrocken war alles dabei. Auf dem Fahrrad nimmt man das anders wahr als im Auto. Der Verwesungsgeruch war zum Teil wirklich widerlich. So erfreute ich mich umso mehr, lebende Exemplare zu sehen. Ein Kangoroo begleitete mich für ein Stück, ein anderes schaute ganz erstaunt ins Zelt als ich eines morgens aufwachte.
Die riesigen LKWs, die sogenannten Roadtrains, die zum Teil doppelt so lange sind, wie die LKWs auf Deutschlands Straßen, sind die hauptverantworllichen tödlichen Unfallverursacher.
Teilweise war es etwas langweilig und zäh, auf den endlos geraden Straßen voran zu kommen. Australiens längste gerade Straße ist 145,6 km lang. Sie lag auch auf meinem Weg. Bei Temperaturen von bis zu 50°C war dies, glauben Sie mir, kein Vergnügen. Über jede auch noch so kleine Kurve habe ich mich gefreut.
Meistens war Durst und Wasserkanppheit ein ständiger Begleiter. Doch auch mitten im Nirgendwo habe ich das eine oder andere Mal ein kaltes Getränk oder sogar ein Eis bekommen.
Die Australier lieben ihre großen luxuriösen Wohnwägen, in denen sie sogar Tiefkühltruhen und Waschmaschinen haben. Eine etwas andere Art zu Campen als ich in meinem Zelt.
Auf meinem Weg Richtung Osten habe ich sehr viele wilde Tiere gesehen. Koalas, Wombats, Schlangen. Alles war dabei. Ich habe mich jedoch immer sicher gefühlt und habe mir nicht so viele Gedanken darüber gemacht, was mich hier alles töten könnte. Das war vermutlich besser so.
Eines Abends schlug ich mein Zelt ein paar Kilometer entfernt von der Straße auf, als plötzlich eine ganze Herde Kamele auf mich zu kamen. Die wenigsten Menschen wissen, dass in Australien hunderttausende wilde Dromedare/Kamele leben. Sie wurden in der Mitte des 19. Jahrhunderts nach Australien gebracht, um als Lasttiere zu dienen und haben sich seither stark vermehrt.
Es gibt nicht mehr all zu viele Orte auf dieser Welt, an denen man einen Nachthimmel wie im australischen Outback zu sehen bekommt. Das war einfach nur magisch und ich fühlte mich „sooo“ klein.
Irgendwann war das Meer in Sicht und die Temperaturen sanken. Entlang der unglaublich schönen Küste ging es nach einem kurzen Stopp in Adelaide auf der Great Ocean Road bis nach Melbourn und dann an der Ostküste weiter in Richtung Norden. Das letzte Stück war ziemlich anstrengend und meine Kräfte schwindeten.
Genau 2 Monate nachdem ich in Australien ankam erreichte ich mein Ziel, Sydney. Ich hatte Gänsehaut am ganzen Körper als ich vor dem Opernhaus stand. Es war höchste Zeit, mich bei Freunden noch ein paar Tage auszuruhen.
Mittlerweile habe ich schon 20.000 Kilometer auf dem Fahrrad zurückgelegt und es geht weiter… „Australien war krass, USA – ich komme !“